Hartz IV: Der „Ein-Euro-Sportfreund“ ist schon Praxis

 

Berlin Hartz IV und der deutsche Vereinssport, das könnte zur großen Erfolgsgeschichte geraten. In Mecklenburg-Vorpommern staunte Jens Kamin vom Kreis-Sportbund des Landkreises Müritz nicht schlecht, dass sich auf den Aufruf von 90 Sportvereinen spontan 50 Langzeitarbeitslose für einen Ein-Euro-Job meldeten.

 

„ Wir sind vom Landkreis angesprochen worden, den Bedarf bei den Vereinen abzufragen und waren über die Resonanz erstaunt. Die Leute rennen uns die Bude ein und wollen ihren Vereinen etwas gutes tun.“, berichtet Kamin vom Run auf die Mini-Jobs in einem der strukturschwächsten Bundesländer. „Der Sport sollte diese Chance nutzen und möglichst viele solcher Stellen anbieten, von denen die Vereine nur profitieren können.“

 

Damit die Welle zwischen Ostsee, Nordsee und Alpen ins Rollen kommt, veranstaltete der Deutsche Sportbund (DSB) in Berlin gerade eine Fachtagung zum Thema Hartz IV im Sport mit LSB-Führungskräften sowie Vertretern des Bundeskanzleramtes und der Bundesanstalt für Arbeit: „Das zur Verfügung stehende gesetzliche Instrumentarium muss jetzt den Bedürfnissen des Sports angepasst werden. Außerdem müssen die Regeln in allen Bundesländern einheitlich angewandt werden“, erläuterte DSB-Generalsekretär Andreas Eichler den Hintergrund der Weiterbildungsveranstaltung für die Vertreter der Landes-Sport-Bünde (LSB). Sie sollten Fit gemacht werden für alle Fragen, die die Vereine in Zusammenhang mit den Hartz-Gesetzen beschäftigen.

 

Trotz vieler juristischer und anderer Detailprobleme schein Einigkeit zu bestehen, dass vor allem die Pflege von Sportanlagen ein weites Feld für Menschen sein kann, die von Hartz-IV-Reform betroffen sind. Bis zu 5000 Stellen für Langzeitarbeitslose sollte der organisierte Sport Eichler zufolge anbieten – eine eher zurückhaltende Bedarfsanzeige angesichts von mehr als 85000 Sportvereinen und rund 3,2 Millionen Empfängern des sogenannten Arbeitslosengeldes II in der Bundesrepublik.

 

„Für den Unterhalt von Sportanlagen bieten sich hier ideale Möglichkeiten an“, ist auch Heinz-Gerd Janssen, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Sportämter, überzeugt. „Bei uns in Duisburg ist schon eine solche Truppe unterwegs und nimmt sich Dingen an, die sonst liegen bleiben würden.

 

Der „Ein-Euro-Sportfreund“ auf freiwilliger Basis ist dort wie bei Vereinen an der Müritz oder in Halle an der Saale schon Praxis. Doch so lange die gesetzlichen Bestimmungen nicht genau geklärt sind und jedes Land auf eigene Interpretation angewiesen ist, werden die Pilotprojekte im Sport vorerst Stückwerk bleiben. Einer der Fallstricke lautet: Sollen Übungsleiterpauschalen bei den Mini-Jobs angerechnet werden oder nicht? Während Thorsten Haverland, Geschäftsführer beim LSB Mecklenburg-Vorpommern, die Variante des über die Agentur für Arbeit vermittelten Übungsleiters von vorneherein ausschließt, will der Duisburger Janssen den Ein-Euro-Sektor beim Vereinssport toleratn abgesteckt wissen. „Damit würde sich auch die Möglichkeit bieten, überall Sportstätten auf die Vereine zu übertragen“, lockt der Praktiker mit einem Modell, das von vielen chronischen klammen Kommunen begrüßt werden müsste.

 

„Was tatsächlich möglich ist, muss erst noch ausgelotet werden. Was jetzt passiert, sind erste Geplänkel“, weiß Kamin. „Bestimmt ließe sich sehr viel Nützliches für den Sport machen. Fakt ist, dass die Arbeitsagentur die Nadel in der Hand haben und der Sport den Faden. Wir müssen jetzt versuchen, den schnellstens durchs Öhr zu bekommen.“

 

Autor: ARAG / SID 11/2004